Ergebnis:
Noch ein wenig mit dem Verschlossenen auf See bleiben! (2/5
Stimmen)
& Die Rum-Fässer
suchen! (2/5 Stimmen)
Auf und ab schaukelt der
Bug der Yara. Die roten Segel sind straff gespannt, wir sind auf
Kurs. Wohin die Reise geht? Nach Maĩkon. Zwar hatten wir bisher
gedacht, dass es sich um ein Gerücht handelt, doch der Verschlossene
hatte Karten entdeckt, die etwas anderes behaupteten. Es war kein
genauer Punkt angegeben, es war ein großes Stück des Maylännischen
Meeres markiert. Wir blicken träge in die Ferne. Wo werden wir
ankommen? Werden wir ankommen? Hinten am Horizont steht ein großer
runder Mond. Er sieht auf uns herab, als wüsste er, dass wir
hinaufsehen.
"In Gedanken?",
fragt die Versunkene neben uns. "Wir träumen bloß.",
antworten wir. Sie nickt stumm. Wir sollten, etwas gegen unsere
Traurigkeit tun, denken wir. Bald darauf knarrt das Holz unter
unseren Füßen, als wir hinab ins Vorratslager steigen. Wenn das
Schiff zuvor Piraten gehörte, ist doch bestimmt fässerweise Rum an
Bord. Es ist stockfinster hier unten. Wir stoßen uns an zahlreichen
Ecken und Kanten, bis wir endlich das Klirren einer Flasche hören,
die an eine andere stößt. Wahllos greifen wir eine davon und
stolpern, uns am schwachen Mondlicht orientierend, zurück zur
Falltür, durch die wir hineingekommen waren. Zurück an unserem
Platz am Bug, dort wo die Versunkene bereits in tiefen Schlaf
versunken an der Reeling sitzt, werfen wir einen Blick auf das
Etikett. "Wachgeist" steht darauf. Wird schon was
hochprozentiges drinsein, denken wir und ziehen den Korken heraus.
Wenig später sitzen wir auf dem Boden. Was auch immer in der Flasche
ist, es ist kein Rum. Wir sehen alles um uns herum gestochen scharf.
Wir spüren unseren Atem in unseren Lungen und nehmen jeden Windhauch
hundertfach verstärkt wahr. "Verrückt", murmeln
wir, als wir von plötzlicher Müdigkeit gepackt dahindämmern. /
Hunderte Menschen stehen
um uns herum und blicken uns grimmig an. "Köpft den Hund!",
brüllen sie wie aus einem Halse. "Herunter mit dem Kopf!".
Wir bekommen es mit der Angst zu tun und drängeln uns eilig durch
die Menschenmenge. Als einer nach unserem Arm fasst beginnen wir zu
rennen. Die ganze Gruppe setzt sich mit uns in Bewegung. "Krüppel!",
brüllen sie nun. Schweißperlen rinnen von unserer Stirn. Wir
versuchen von unseren Verfolgern loszukommen, doch immer mehr
Menschen greifen nach uns. Sie halten uns fest und drücken uns zu
Boden. Wir schlagen mit der Stirn auf. Blut vermischt sich mit
unseren Tränen. "Was wollt ihr denn von uns?", wispern
wir. "Den Kopf! Den Kopf!", rufen sie.
Ein einzelner Kopf liegt
auf einer Blumenwiese. "Hallo! Hört mich denn keiner? So ein
Mist!", flucht er. "Wir hören dich!", antworten wir.
Die Augen, die in tiefen Augenhöhlen liegen blitzen uns böse an.
"Lässt du mich bitte in Ruhe?" Wir sind verwirrt. In
weiter Ferne schlägt eine Tür zu. Gedämpfte Stimmen streiten
miteinander. Irgendetwas geht zu Bruch. "Die Vase war teuer!",
schimpft eine Stimme. "Wir kaufen sowieso nie Blumen!",
brüllt die andere. Da ist noch immer der Kopf auf der Blumenwiese.
"Karotten mit Käse!", brüllt er jetzt. Er scheint
wirklich wütend zu sein. Ein Schaf läuft über die Wiese und lässt
sich in der Nähe des Kopfes nieder und beginnt an seinen Haaren zu
lecken. Jetzt hat er einen Seitenscheitel. Ein Oberlippenbärtchen
sprießt in seinem Gesicht. "Das ist ja der totale Käse!",
wütet er mit verzerrter Stimme. Wir wollen den Kopf treten, aber da
ist er auch schon verschwunden. Stattdessen sind plötzlich zahllose
Arme und Beine zu sehen. Wir liegen mit dem Gesicht auf dem Boden.
"Wir haben dich lieb.", singt ein Chor. "Karotten mit
Käse.", flüstern wir.
Wir werden von einem
lauten Geräusch geweckt. Wir sind gegen irgendetwas gefahren! Doch
wir haben nur angelegt. Das Licht der aufgehenden Sonne kitzelt uns
im Gesicht. Als nächstes nehmen wir den Gestank war, der nur von
einem Fischerdorf ausgehen kann. Ruhig und still liegt die Yara am
Steg eines kleinen Hafens. "Ist das Maĩkon?", rufen
wir. "Nur irgendein Kaff.", murmelt die Versunkene,
die einige Schritte neben uns in der Sonne herumhängt. Mühsam
rappeln wir uns auf. Es wird Zeit für einen Landspaziergang.
Den Rest des Tages
verbringen wir damit, das Schiff mit frischen Vorräten zu beladen,
wobei jeder von uns darauf achtet den Fischen nicht zu nahe zu
kommen, die auf dem Marktplatz angeboten werden. Der Verschlossene
wirkt heute besonders still. Wahrscheinlich kann er es nicht erwarten
aufs Festland zurückzukehren. Gunther, der die letzten Tage um seine
Freunde trauernd in seiner Kajüte verbracht hatte, verschwindet
plötzlich mit einigen Münzen. Wahrscheinlich ist das besser so.
Sein Gejammer konnte wirklich keiner mehr hören. Am späten Abend
dann, als alle Einkäufe erledigt sind, finden wir uns mit unseren
beiden Begleitern in einem Wirtshaus wieder. Wir freuen uns darauf
etwas zu trinken, was keine seltsamen Träume hervorruft. //
Spät am abend, als wir
betrunken am Tresen hängen und der Wirt sich weigert uns
nachzuschenken, setzt sich ein alter Mann neben uns. "Maĩkon?",
fragt er. "Da wolln wir hin.", geben wir lallend als
Antwort. Später fragen wir uns immer wieder, woher der Mann davon
wusste, doch eine Erklärung würden wir nicht finden. "Was
wollt ihr dort?" Er blickt uns ernst an. Wir haben das
Gefühl nüchtern zu werden. "Nur sehen." "Wie
meinst du das?" "Wir wollen die Stadt einmal mit
eigenen Augen sehen." Er schaut nun nicht mehr ganz so
streng...
Fremder: "Maĩkon
ist nur ein Mythos. Eine Lüge ohne wahren Kern."
Wir: "Du
irrst dich. Die Versunkene war einmal dort. Nur kann sie sich kaum
erinnern."
Fremder: "Einer
von euch war da?"
Wir: "Ja.
Die Versunkene kann sich erinnern. Sie sprach von riesigen Flößen
auf denen ganze Paläste thronen und zwei Türmen die alles
überragen."
Fremder: "Das
klingt nicht anders als die Gerüchte die man sonst hört."
Wir: "Wir
haben auch gezweifelt. Aber wir haben eine Karte!"
Fremder: "Eine
Karte? Das kann nicht sein."
Wir: "Sie
zeigt nur den ungefähren Ort."
Fremder: "Solche
Karten taugen nichts... Ihr wollt die Stadt wirklich sehen..."
Wir: "Unbedingt."
Fremder: "Nun,
aus irgendeinem Grund glaube ich, was du sagst. Zudem siehst du nicht
so aus, als hättest du etwas übles vor. Ich erkenne Menschen die
übles vorhaben. Vielleicht glaubst du mir nicht, aber ich weiß, wo
sich die schwimmende Stadt gerade befindet."
Wir: "Wirklich?
Kannst du es uns zeigen?"
Fremder: "Leider
Gottes verbietet das der Zauber."
Wir: "Der
Zauber?"
Fremder: "Er
bewirkt, dass man zwar weiß, wo die Stadt ist, aber es niemandem
sagen kann. Versucht man es, so verliert man für einige Tage die
Stimme. Ich habe es schon einmal versucht."
Wir: "Und
wie kann man Maĩkon dann finden?"
Fremder: "Indem
man die Stadt nicht sucht."
Wir: "Und
wenn du uns hinführst? Wir könnten dich bezahlen!"
Fremder: "Ich
bin ein alter Mann. Ich ziehe es vor Abenteuer zu meiden."
Wir: "Oh
bitte, wir brauchen dich!"
Fremder: "Nein,
doch einen Rat gebe ich dir noch."
Einige Stunden später
sitzen wir mit den beiden anderen an Deck. Beide schicken
Rauchwölkchen in den Himmel und wir grübeln noch immer, was die
letzten Worte des alten Mannes bedeutet haben könnten. Es war ein
Hinweis, ohne Zweifel. Er hat uns verraten, wie wir Maĩkon finden
können, ohne es uns zu sagen. "Wie waren noch einmal seine
Worte?", fragt der Verschlossene.
"Dort wo der
Sturm am heftigsten braust
Wo der Wind über blaue
Berge saust
Wo Verzweiflung dich
quält, wo du vergisst
Und nichts als deine
Rettung misst
Dort in den Falten des
Globusses Schoß
Liegt aufs Wasser
gebettet das große Floß", wiederholen wir die Verse.
"Er meint das
Meer. Blaue Berge, Falten des Globusses. Wir finden die Stadt mitten
im Sturm auf dem Meer... ", erklärt der Verschlossene. "Was
meint ihr, machen wir uns wieder auf die Suche?" Zwar denken
wir genauso, doch der Gedanke in den nächstbesten Sturm zu fahren um
dort nach Maĩkon zu suchen ist uns unangenehm. Einen besseren
Vorschlag haben wir aber nicht und deshalb nicken wir schweigend,
während die Yara wie von allein die Segel setzt und Fahrt aufnimmt.