Als wir anlegen, verkriecht
sich das letzte Licht irgendwo dort hinter den zahllosen
Häusern Maĩkons.
Ein kühler Abendwind streicht über uns hinweg, wirbelt den
Rauch über den Schornsteinen umher um dann der Ruhe Platz zu machen.
Es ist keine drückende Ruhe, keine die auf den Schultern lastet oder
einem sogar das atmen erschwert, es ist eine angenehme Ruhe. Leise
plätschert das Wasser unter den Flößen, manchmal fängt eines der
Seile, die kreuz und quer über das Wasser gespannt sind an zu
knarzen oder das Holz unter unseren Füßen knackt, doch dort ist
kein Rauschen, kein Heulen, kein Brausen des Meeres. Wir hören keine
Stimmen - nichts. Gerade fragen wir uns, ob die Stadt vielleicht
unbewohnt ist, da kommt ein Mann auf uns zugeeilt. "Um die
Uhrzeit ist das anlegen verboten.", sagt er ruhig. Wir werden
wütend. Wie kann er es wagen? Wir sind den ganzen weiten Weg
hierhergekommen und dürfen nicht anlegen, weil das am frühen Abend
nicht genehmigt ist? Gerade wollen wir uns beschweren, doch da fügt
er auch schon hinzu. "Ihr seht erschöpft aus. Ich mache mal
eine Ausnahme. Für wie lange wollt ihr liegen?" Wir blicken zum
Verschlossenen hinüber. "Erstmal für zwei Tage. Kann man hier
Wachpersonal bekommen?" Der Mann, bei dem es sich offensichtlich
um den Hafenmeister handelt wirft unserem Kapitän einen amüsierten
Blick zu. "Darum musst du dich selbst kümmern. Für zwei Tage
sind das genau 14 Runá." - "Runá?", antworten wir.
Der Hafenmeister zuckt die Schultern. "Wir nehmen hier auch
andere Währungsmittel. Womit wollt ihr bezahlen?" Nun drängelt
sich Erkim zwischen uns hindurch. Er nimmt den etwas verwirrten
Hafenmeister zur Seite und flüstert ihm ins Ohr, während er wild
mit den Armen wackelt und mal hierhin und mal dorthin zeigt.
Gelegentlich können wir Gesprächsfetzen wie "...wenn das so
ist..." oder "...und der Kassenprüfer?..."
aufschnappen. Dann drehen sich beide zu uns herum. "Es wird
Zeit", sagt Erkim. "Wir sollten uns die Stadt ansehen!"/
Wir beschließen mit Erkim
einen kleinen Rundgang zu machen, während der Verschlossene und die
Versunkene schon zu Bett gehen. "Faule Säcke.", denken
wir, als wir mit unserem Begleiter aufbrechen. Bald darauf haben wir
zahlreiche Brücken überquert und beobachten das Geschehen. Einige
wenige Menschen sind auf den Flößen unterwegs, die Erkim bereits
erwähnt hatte. Sie bringen schwere Säcke und Kisten von einem Ort
zum anderen. Oben in der Luft fliegen über unseren Köpfen Zeitungen
hinweg, die mit Haken an Seilen befestigt sind. Diese wiederum sind
kreuz und quer zwischen kleinen Türmen auf den Dächern der Häuser
gespannt. Hier und dort hört man ein leises Klappern, wenn eine
Zeitung durch eine kleine Luke in einem der Türmchen fällt. In
einigen Fenstern brennt noch Licht, doch die Dunkelheit herrscht vor.
Weit über uns ragen zwei Türme in den Himmel, die weit größer
sind, als so ziemlich alles was wir bisher gesehen haben. Wir fragen
uns, warum die Flöße unter ihnen nicht sinken und finden auf diese
Frage keine Antwort. Als wir hinaufsehen kommt es uns so vor, als
hinge der Mond genau zwischen den beiden Gebäuden fest. Es wirkt
magisch und fantastisch. Da ist das Glitzern auf dem Wasser, das schwache Leuchten des Mondes, der schwankende Boden und das leise Zischen der
fliegenden Zeitungen über uns. Wenn wir ganz genau hinhören, meinen
wir ein leises Klicken zu hören. Staunend beobachten wir die Stadt,
bemerken, dass jedes Haus einzigartig zu sein scheint. Nichts passt
hier zusammen und genau das bildet einen atemberaubenden
Gesamteindruck. Wir sind begeistert. Da meldet sich Erkim zu Wort.
"Vielleicht sollten ihr euch für morgen eine genauere
Besichtigung vornehmen. Ich muss heute Nacht noch etwas erledigen."
Wir sind etwas enttäuscht, dass Erkim uns nichts zu den einzelnen
Gebäuden und Plätzen erzählt, doch uns bedrückt schon seit
einiger Zeit eine tiefe Müdigkeit. Also kehren wir um, nachdem Erkim
sich mit mit den Worten "Auf bald du Lümmel."
verabschiedet hat. Als wir etwas später in die Hängematte fallen
überlegen wir uns, was wir uns für den nächsten Tag vornehmen.
ABSTIMMEN!//
Ruhig liegt die Yara am Steg. Wir sind gerade dabei einzuschlafen, als das leichte Klicken, welches wir innerhalb der Stadt zu hören glaubten lauter wird. Immer und immer lauter wird es, bis wir glauben Vibrationen zu spüren. Es ist als würde uns jemand beständig mit einem kleinen Hammer auf den Kopf schlagen. KLICK KLACK KLICK... Wir lassen uns aus der Hängematte gleiten und machen uns von der Kajüte aus auf den Weg zum Deck. Es ist kühler geworden, hier draußen. Als wir zur Stadt hinübersehen bemerken wir ein hellblaues Leuchten. Es geht von den beiden Türmen aus und breitet sich gleichmäßig über die ganze Stadt aus. Immer heller und Heller wird es. Und das ständige Klicken wird lauter. KLICK KLACK KLICK KLACK KLICK... Gespannt beobachten wir das Geschehen, sehen wie der Lichtschein das Wasser vor der Yara erreicht und dann an der Bordkante hinaufkriecht. Wir treten unwillkürlich einen Schritt zurück. Doch dann hat das Licht auch schon unsere Füße erreicht, überspült uns und rinnt hinaus auf das Meer. Weit entfernt wandert es plötzlich am Horizont hinauf um dann, nach einigen Minuten, über unserem Kopf wieder zusammenzufließen. Wir befinden uns nun in einer hellblau beleuchteten Kuppel. Dann ebbt das Klicken an und das Licht ermattet. Nur am Horizont bleibt ein kleiner blauer Streifen zurück. Ein durch und durch magischer Ort, denken wir und kehren zu unserem Schlafplatz zurück. Hoffentlich taucht bald Erkim wieder auf, damit wir ihn nach einer Erklärung für dieses Phänomen fragen können.